Apraxie

 

Mit 'Apraxie' bezeichnet man Störungen der Ausführung WILLKÜRLICHER, zielgerichteter und geordneter Bewegungen bei INTAKTER motorischer Funktion.

 

Ursachen

 

1. Erworbene Störung:

 

Apraxie i. e. S. durch Erkrankung oder Schädigungen des Gehirns oder der Kommissurenbahnen.

 

2. Umschriebene Koordinations- und Entwicklungsstörung:

 

Wird klinisch meist als Dyspraxie (= Missgeschick) bezeichnet; ca. 8 – 10 % aller Kinder sind betroffen, häufiger Jungen.

 

Formen:

 

I. Ideomotorische Apraxie

 

Bewegungen werden fragmentarisch ausgeführt oder durch fehlerhafte ersetzt (Parapraxie), evtl. besteht zusätzlich eine Aphasie (s. u.). 

 

Vorkommen v. a. bei Läsionen des Parietallappens und der Kommissurenbahnen.

 

II. Ideatorische Apraxie

 

Komplexe und differenzierte Handlungen können infolge einer Störung des Bewegungsentwurfs (= Ideation) nicht richtig aneinandergereiht werden.

 

Vorkommen v. a. bei einer Schädigung im Bereich des Temporal- und Parietallappens der dominanten Hemisphäre. 

 

III. Sonderformen

 

1. Gliedkinetische Apraxie als zentrale Bewegungsstörung = zentrale motorische Lähmung durch eine Schädigung des motorischen Gyrus precentralis (= vordere Zentralwindung mit dem motorischen Rindenfeld) der entgegengesetzten Seite. 

 

2. Okulomomotorische Apraxie als Störung willkürlicher oder visuell ausgelöster rascher Augenbewegungen (= Sakkaden) mit Kompensation durch entsprechende, ruckartige Kopfbewegungen:

  • Angeboren als Cogan-Syndrom II
  • Erworben z. B. bei Chorea Huntington, Hirnstammtumor, Gaucher-Krankheit (= Cerebrosidlipidose), bilateraler frontoparietaler Läsion

3. Beeinträchtigungen der visuell-räumlichen Orientierung, v. a. bei Läsionen des Parietallappens der nicht sprachdominanten Hemisphäre.

 

Man unterscheidet:

 

Konstruktive Apraxie

 

Bei gestaltenden Handlungen unter visueller Kontrolle (z. B. Zeichnen) misslingt die räumliche Formgebung, ohne dass Bewegungsabläufe beeinträchtigt wären.

 

Ankleideapraxie

 

Störung der Fähigkeit, räumliche Beziehungen zwischen Objekt und eigenem Körper herzustellen.

 

Buccofaciale Apraxie

 

Parapraxie (= Fehler in der Bewegung bzw. im Bewegungsablauf) der Gesichts- und Zungenmuskulatur.

 

 

Sprechapraxie

 

Zentrale Sprachstörung; die 'sprechmotorischen Programme' oder der 'Zugriff' auf diese Programme ist beeinträchtigt, aber nicht das Sprachverständnis, Lesen oder Schreiben und auch nicht die für das Sprechen 'zuständigen' Nerven und Muskeln. Es ist eine Sonderform der Apraxie, die häufig zusammen mit Aphasie* oder Dysarthrie* auftritt. 

 

Ursachen: Schädigung des Cortex cerebri anterior links, im oder um den Gyrus precentralis (= vordere Zentralwindung) und evtl. auch subkortikaler Regionen.

 

Die Symptome zeigen sich durch Störungen

  • der Lautbildung (phonematische und phonetische Fehler)
  • des Redeflusses (silbisches Sprechen)
  • des Sprechverhaltens (Suchverhalten, Sprechanstrengung)

 

* Aphasie = zentrale Sprachstörung nach (weitgehend) abgeschlossener Sprachentwicklung. … Evtl. Kombination mit Apraxie, Agnosie oder Dysarthrie.

* Agnosie = Störung des Erkennens, die nicht durch Demenz, Aphasie oder Störung der 'elementaren' Wahrnehmung verursacht ist.

-> Siehe auch Agnosie, Aphasie

 

* Dysarthrie = kombinierte Sprech- und Stimmstörung durch Schädigungen der an der Sprechmotorik beteiligten neuromuskulären Strukturen; … zeigt sich durch Störungen der Artikulation, der Atmung und der Phonetik mit vermehrter Sprechanstrengung sowie Veränderungen der Lautstärke und Sprechgeschwindigkeit …

 

Quelle:

Klinisches Wörterbuch 'Pschyrembel'

 

Siehe auch:

Fragen, Fragen, Fragen: Hirnlokales Syndrom

Diplomarbeiten etc.: Praxie, Dyspraxie und Apraxie bei Kindern

 

 

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