Nonverbale Lernstörung / Nichtsprachliche Lernstörung

„Die Welt kann sehr unheimlich sein, wenn man 65 % der Kommunikation falsch versteht.“

Sue Thompson

Wie zeigt sich die Nonverbale Lernstörung (NLS)?

Das NLS-Syndrom zeigt sich v. a. durch:

  • Beeinträchtigte visuell-räumlich-organisatorische Fähigkeiten.
  • Probleme mit der Anpassung an neue oder neuartige Situationen.
  • Beeinträchtigte Fähigkeit, nonverbale Signale und Zeichen zu „lesen“.

Schwierigkeiten treten v. a. dann auf, wenn 'Schnelligkeit' und 'Anpassungsfähigkeit' gefordert werden.

Die „negative Spirale“ verstärkt sich, wenn man um die Ursachen etc. nicht weiss, und es können sich ernsthafte psychische Störungen entwickeln:

  • Depressionen
  • Rückzug
  • Angst
  • in manchen Fällen bis hin zum Suizid

Als Ursache vermutet man eine Fehlfunktion der rechten Hirnhemisphäre und Schäden an der 'weißen Substanz'.

Es sind im Wesentlichen drei Aspekte in der Entwicklung, bei denen sich Abweichungen zeigen:

Motorisch

  • Ungeschicklichkeit, Unbeholfenheit (-> oft als Erstes zu beobachten), mangelnde Koordination
  • Gleichgewichtsprobleme: Große Gleichgewichtsprobleme beim Laufenlernen (wirkt wie 'betrunken') und beim Lernen, Fahrrad zu fahren
  • Probleme mit einfachen sportlichen Aufgaben, z. B. einen Ball zu kicken
  • Unterschiede bei den Körperseiten: Probleme treten eher auf der linken Seite auf
  • Vermeiden des Kreuzens der Mittellinie
  • "Im Weg stehen", rennen in andere Leute oder Dinge und erhöhtes Risiko, sich zu verletzen
  • Angst vor Höhe
  • Umwelt wird nicht auf 'motorischem Wege' erkundet, sondern 'verbal' durch Fragen
  • Feinmotorische Probleme, z. B. beim Schneiden mit einer Schere, Schuhe zubinden, Halten und Schreiben mit einem Stift (übt zu großen Druck aus), eher Malen als Schreiben, schreibt langsam (Schreiben ist beschwerlich, mühsam), Probleme mit der Schrift

Visuell-räumlich-organisatorisch

Probleme mit der räumlichen Wahrnehmung: Räumliche Verhältnisse, visuell-räumliche Informationen, Erkennen und Unterscheiden von Details und Zusammenhängen, sieht eher Details und nicht das Ganze, Orientierung im Raum (auch Rechts-Links-Probleme), visuelle Erinnerungen, visuell-motorische Koordination

Sozial

  • Probleme beim Wahrnehmen und Einschätzen von "sozialen Situationen": Unfähigkeit, kommunikative 'Zeichen' wahrzunehmen und/oder richtig zu verarbeiten
  • Probleme, Gesichter zu erkennen
  • Unfähigkeit oder eingeschränkte Fähigkeit, Gesten, Körpersprache und Gesichtsausdrücke, Stimmlage etc. zu deuten
  • Probleme, die räumliche 'Nähe und Distanz' richtig einzuschätzen und einzuhalten

Je neuartiger oder unbekannter eine Situation ist, umso deutlicher werden sich die „Beeinträchtigungen“ zeigen.

Weitere Probleme:

- Den Weg zu finden, v. a. an neuen Orten.

- Richtungswahrnehmung.

- Arbeitsorganisation.

- Rechnen.

- Blatteinteilung, Einhalten von Linien und Spalten.

- Selbstgespräche führen, um Situationen zu meistern.

Um überhaupt soziale Situationen meistern zu können, entwickeln die Kinder ein außergewöhnliches Erinnerungsvermögen, z. B. an vergangene Situationen, die sie sozusagen 'wörtlich' abspeichern. Aufgrund ihrer visuell-räumlichen Wahrnehmungsstörung ist es sehr schwierig für sie, von einer Aktivität zu einer anderen zu wechseln. Oder von einem Ort zu einem anderen. Um dies zu bewältigen, benötigen sie all ihre Konzentration und Aufmerksamkeit.

Wenn es darum geht, neue oder komplexere Situationen zu meistern, können sie nicht auf automatisierte, intuitive Prozesse zurückgreifen - Frustration ist vorprogrammiert: Und künftiges Vermeidungsverhalten. Die negative "Spirale" verstärkt sich, und es können sich ernsthafte psychische Störungen entwickeln: Depressionen, Rückzug, Angst, evtl. Suizid.

Bis zu einem gewissen Grad sind die „Kompensationsstrategien“, die Kinder ausgebildet haben, ausreichend. Aber nicht mehr, wenn es darum geht, neue oder sehr komplexe Situationen zu bewältigen. Schon eine kleine Änderung in einer eigentlich bekannten, gewohnten Situation kann zu einem Versagen der Kompensationsstrategie führen und verstärkt Angst hervorrufen.

Betroffene Kinder sind meist hoch intelligent und haben sehr gute sprachliche Fähigkeiten. Sie wirken aber oft „verwirrt“. Und bei genauem Hinsehen zeigt sich ihre Unsicherheit in sozialen Situationen. Das, was andere Kinder „spielend nebenbei“ und intuitiv erlernen, lernen NLS-Kinder nicht, da sie nicht die dazu nötige visuelle Wahrnehmung haben. Sie können nicht einfach „schauen und lernen“, sondern müssen sich alles über „Sprache“ aneignen, was dazu führt, dass sie sehr viele Fragen stellen und sehr viel reden. Auch Selbstgespräche führen. Oft bekommt ein Kind dann zu hören: „Du redest zuviel!“

Durch ihre eingeschränkte (visuelle) Wahrnehmung kommt es also meist zu Fehlinterpretationen von Situationen und Menschen, und die Kinder gelten - wenn man um diese Zusammenhänge nicht weiss - als lästig, taktlos, wenig einfühlsam, störend, ärgerlich usw. Kinder bekommen oft das Gefühl:

„Hier ist kein Platz für mich!“

Wie kann man die NLS frühzeitig erkennen?

Im Gegensatz zu sprachlich bedingten Lernproblemen ist die NLS routinemäßig nicht zu erkennen. Viele der früh auftretenden Symptome lassen bei Eltern oder Lehrern eher „Stolz“ aufkommen, als dass sie als „Alarmzustand“ erkannt werden.

Die Kinder sind verbal langatmig, weitschweifig, und sprechen wie Erwachsene bereits im Alter von 2 bis 3 Jahren. Sie gelten als „begabt“. Auch besteht oft eine „Hyperlexie“, d. h., die Kinder können zwar lesen, sie verstehen das Gelesene aber nicht oder nur schwer. Es sind i. d. R. eifrige, begeisterte Lerner, die aber sehr „altklug“ wirken.

Man denkt bei der außerordentlich frühen und ausgeprägten Sprachfähigkeit nicht an die Möglichkeit einer „Kompensationsstrategie“, die Kinder entwickeln, bei denen die Funktion der rechten Hirnhemisphäre und damit der Zugang zu „nonverbalen Fähigkeiten“ beschränkt ist.

Durch die dadurch erhöhte Abhängigkeit von ihrer „auditiven Wahrnehmung“ der Welt und ihrer Mitmenschen kann es sein, dass Kinder eine sehr genaue, akkurate Aussprache entwickeln. Dieser Zusammenhang wird aber – selbst bei Erwachsenen – nicht erkannt.

Frühe Indikatoren für eine NLS können – aber müssen nicht – sein:

- Ausgeprägte Erinnerung an Auswendiggelerntes.

- Aufmerksamkeit fürs Detail.

- Mühelose Worterkennung und müheloses Buchstabieren.

- Frühes Lesenkönnen.

Hierin kann sich zeigen, dass ein Kind Probleme auf der „nonverbalen Ebene“ hat und angefangen hat, sich übermäßig auf seine verbalen Stärken zu verlassen. Dies wird weniger auffallend sein im Alter von 7 bis 8 Jahren, als im Alter von 10 bis 14 Jahren.

Motorische Geschicklichkeit kann solch ein Kind nur sehr langsam entwickeln aufgrund seiner schlechten Koordination.

Später in der Schule hat es Probleme mit schriftlichen Arbeiten: Es schreibt langsam und mühsam und kann Aufgaben oft nicht beenden ...

... und braucht dringend Verständnis und Unterstützung!

Auszugsweise übersetzt aus:

http://www.udel.edu/bkirby/asperger/

Neue Adresse: aspergersyndrome.org

(... man wird weitergeleitet ...)

Siehe 'Articles': Nonverbal Learning Disorders - Sue Thompson

Siehe auch:

Wunderwerk Gehirn: Substantia alba

Diplomarbeiten etc: 'Was versteht man unter einer Nonverbal Learning Disorder (NLD)?'

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