Theory of Mind

 

 

Zum Nachdenken ...

 

Menschen, die ‚in Bildern denken', können in sehr kurzer Zeit sehr viele Gedanken und Informationen miteinander verknüpfen, und der jeweilige ‚Gesichtsausdruck’ kann sich dann auf etwas ganz anderes beziehen als auf das, was soeben gesagt wurde, worüber gerade gesprochen wird …

 

 

John Elder Robison schildert in seinem Buch folgende Begebenheit:

 

Seine Mutter hatte eine Freundin zu Besuch. Als diese fragte, ob sie schon davon gehört hätten, dass ein Junge beim Spielen auf den Bahnschienen von einem Zug erfasst und getötet worden sei, habe er zu diesen Worten gelächelt – zur großen Bestürzung beider Damen, und die Freundin seiner Mutter habe ihn gefragt, ob er das denn lustig fände.

 

Nein, sagte er – und schlich davon.

 

Der Ausgangspunkt einer fatalen ‚Nicht-Verstehens-Spirale’ …

 

Auf dieses Vorkommnis hin wurde er von seiner Mutter zu Therapeuten geschickt. Aber diese, so erzählt John Elder, hätten nur auf die ‚falschen’ Dinge gestarrt – nämlich auf das, was ‚böse’ und ‚antisozial’ genannt wird, und alle Therapeuten hätten nur diese Gedanken im Kopf gehabt.

 

Sie hätten ihm damit nicht geholfen. Und er habe sich nur noch schlechter gefühlt …

 

Erst später wurde ihm klar, was in diesem Moment in ihm vorgegangen ist:

 

Ihm selbst gingen in diesem Moment, als die Freundin seiner Mutter von diesem schlimmen Vorfall erzählte, jede Menge Gedanken durch den Kopf.

 

Der allererste Gedanke war, wie froh er ist, dass er nicht getötet wurde.

 

Wie froh er ist, dass sein Bruder oder seine Eltern nicht getötet wurden.

Wie froh er ist, dass seine Freunde alle noch o. k. sind.

Wie froh er ist, dass er o. k. ist.

 

Und genau am Ende dieser Gedanken hat er gelächelt. Aus Erleichterung ...

 

Und auch aus einem Wissen darüber, dass er nie auf einem Bahngleis spielen würde – und ihm dadurch so etwas Entsetzliches nicht passieren könne ...

 

... und nicht aus 'fehlender Empathie' oder 'bösem, mangelndem sozialem Empfinden'.

 

"... the huge gap between the feelings inside of me and how the outside world perceives me. ..."

John Elder Robison - 'Be different'

 

 

Was hilfreich wäre ...

 

'Wesentlich für ein besseres Miteinander ist die Bereitschaft, sich auf  den anderen einzulassen ... und zu hinterfragen ... statt vorschnell zu urteilen und zu verurteilen ...'.

Dr. Christine Preißmann

 

 

 

 

Zum Weiterlesen:

John Elder Robison – ‚Look me in the Eye’

 

Siehe auch:

Diskussionsseite - Zuschreibungen

Wahrnehmung

Was uns nicht hilft: Bullying – Falsche Annahmen, Nicht-Verstehen

Diplomarbeiten etc.: Menschen mit Asperger-Syndrom in Deutschland

Zum Nachdenken: Mimik, Sprache und Autismus