Zirkumventrikuläre Organe

 

Diese Organe liegen am Rand des Hirnventrikelsystems; sie umgeben den 3. Hirnventrikel.

Ausnahme: Area postrema; sie umgibt den 4. Ventrikel.

 

Zur Erinnerung ...

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1. und 2. Ventrikel = sog. ‚Seitenventrikel’

 

Liegen in den Großhirnhemisphären; sie führen über das ‚Monro-Foramen’ in den 3. Ventrikel.

3. Ventrikel

 

Führt durch den ‚Aqueductus mesencephali’ (im Mittelhirn) in den 4. Ventrikel.

4. Ventrikel

 

Liegt im Rautenhirn.

Das Rautenhirn besteht aus:

- Metencephalon (= Hinterhirn mit Cerebellum und Pons [= Kleinhirn und Brücke])

- Myelencephalon (= Medulla oblongata = Nachhirn, verlängertes Mark; gehört zum Hirnstamm)

Die Medulla oblongata enthält auf- und absteigende Projektionssysteme (= Nervenbahnen, die die Großhirnrinde mit Hirnstamm und Rückenmark verbinden).

 

 

 

Siehe auch:

Wunderwerk Gehirn – Hirnventrikel, Kleinhirn, Mittelhirn, Rindenarchitektonik

Leitungsbahnen etc.

 

 

Die Besonderheit der ‚zirkumventrikulären Organe’:

Mit ihrer Hilfe können bestimmte Stoffe die ‚Blut-Hirn-Schranke’ überwinden (s. u.).

 

Zu den ‚zirkumventrikulären Organen’ gehören:

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Organum subfornicale

 

  • Steuert den Salz- und Wasserhaushalt.

Es liegt an der Rückseite der Fornix cerebri

(= Hirngewölbe) am Foramen interventriculare (Monro-Foramen*).

 

* Das Monro-Foramen ist die Verbindung zwischen dem

3. Hirnventrikel und den Seitenventrikeln (1. und 2. Hirnventrikel).

 

-> Siehe auch: Hirnventrikel; Zum Nachdenken – Hypogonadismus

 

Es ist verbunden mit dem NUCLEUS MEDIANUS*.

 

* Der NUCLEUS MEDIANUS liegt in der Area preoptica; diese Region im Hypothalamus ist zuständig für die Thermoregulation.

 

-> Siehe auch: Hypothalamus - Area preoptica

 

Auch das ‚Organum vasculosum laminae ist mit dem NUCLEUS MEDIANUS verbunden - deshalb nennt man diese Region auch ‚AV3V-Region’ (s. u.).

 

Organum vasculosum laminae

terminalis

 

  • Einige Rezeptoren sind Osmorezeptoren und kontrollieren unser ‚Durstgefühl’ und damit die Ausschüttung von ADH (s. u.).

 

Es ist ein Teil der Lamina terminalis* und verbunden mit dem NUCLEUS MEDIANUS in der Area preoptica.

 

* Die Lamina terminalis ist der vordere Teil des Bodens des 3. Hirnventrikels: Sie ist ein Blättchen grauer Substanz (= Substantia grisea) vor und über dem Chiasma opticum (= Sehnervenkreuzung).

 

-> Siehe auch: Hypothalamus - Area preoptica

 

Eminentia mediana hypothalami

Reguliert den Hypophysenvorderlappen (HVL).

 

-> Siehe auch: Hypothalamus und Hypophyse

 

Hypophysenhinterlappen (HHL)

Speichert und setzt Oxytocin und ADH frei (s. u.).

 

-> Siehe auch: Essen & Co. – Ergänzungen

 

Organum subcommissurale

Ist eine Drüse im Hypothalamus in der Nähe der COMMISSURA POSTERIOR*.

* Brücke ‚weißer Substanz’ (Substantia alba) zwischen der Epiphyse und der oberen Mündung des ‚Aqueductus mesencephali’ (= Verbindung zwischen 3. und 4. Hirnventrikel).

 

Diese Drüse besteht aus Ependymzellen:

Ependym ist die einschichtige Zellauskleidung der Hirnventrikel und des Zentralkanals des Rückenmarks (s. u.).

 

Sie sondert Somatostatin (GHRIH) ab:

 

Somatostatin ist ein ‚Releasing-Hormon’, das aus dem Hypothalamus (und aus den D-Zellen* der Langerhans-Inseln in der Bauchspeicheldrüse = Pankreas) freigesetzt wird.

 

* In den A-Zellen der Bauchspeicheldrüse wird Glucagon, in den B-Zellen Insulin freigesetzt.

 

Somatostatin wiederum hemmt die Ausschüttung von:

STH, TSH, ACTH, Insulin, Glucagon, Gastrin, Cholezystokinin

 

-> Siehe auch: Dopamin & Co.; Hormone & Co.

 

Epiphyse – ‘Third Eye’

 

Die Epiphyse (= Zirbeldrüse) liegt im Zentrum des Gehirns, zwischen beiden Hemisphären.

Sie produziert MELATONIN, das sog.‘Schlafhormon’.

Melatonin ist ein Serotonin-Derivat*.

 

* Serotonin wird aus der essentiellen Aminosäure TRYPTOPHAN synthetisiert und ist Vorläufer von Melatonin.

 

-> Siehe auch: Schlafstörungen etc.

 

Area postrema = ‘Brechzentrum’

  • Hier wird Erbrechen ausgelöst, wenn im Blut schädliche Stoffe zirkulieren.

Diese Region liegt im 4. Hirnventrikel; dieser läuft aus in den Zentralkanal des Rückenmarks und steht auch in Verbindung mit dem Subarachnoidalraum.*

 

* Raum zwischen Arachnoidea mater und Pia mater; enthält den Liquor cerebrospinalis.

  • Die Arachnoidea (sog. ‚Spinnwebenhaut’) ist der äußere Teil der weichen Hirn- und Rückenmarkhaut (= Leptomeninx), das ‚äußere Blatt’. Sie überzieht als bindegewebige Membran die Furchen und Windungen des Gehirns und Rückenmarks.
  • Die Pia mater ist das ‚innere Blatt’ und enthält die ‚Gefäße’.

Die Innenfläche der Arachnoidea mater und die Pia mater sind über ein bindegewebiges Bälkchenwerk miteinander verbunden.

 

Erweiterungen des Subarachnoidalraumes sind die Cisternen (= Cisternae subarachnoideae; s. u.).

 

-> Siehe auch: Essen & Co. – Liquor

 

Plexus choroidei = ‚Adergeflechte’

Es sind gefäß- und nervenreiche Bildungen der Pia mater, die in die Hirnventrikel eingestülpt sind.

Ihre Oberfläche ist mit Zotten besetzt und mit Ependym überzogen.

Hier entsteht der Liquor cerebrospinalis.

 

Vorkommen:

Am Dach des 3. und 4. Hirnventrikels und an einem Teil der mittleren Wandung der Seitenventrikel (1. und 2. Hirnventrikel).

 

* Ependym = Zellauskleidung der Hirnventrikel und des Zentralkanals des Rückenmarks (s. u.).

 

-> Siehe auch: Wunderwerk Gehirn – Hirnventrikel; Essen & Co. – Liquor

 

 

 

 

 

Blut-Hirn-Schranke

 

Die Blut-Hirn-Schranke ist eine ‚selektiv durchlässige’ Schranke zwischen Blut und Hirnsubstanz.

Sie soll Nervenzellen vor schädlichen Stoffen schützen.

 

Ihre Durchlässigkeit kann allerdings erhöht werden durch:

- Bakteriengifte

- Fieber

- Hypoxie (= verminderter Sauerstoffgehalt im Gewebe oder im Blut*)

- Hirntumore

 

* Z. B. bei Anämie, Herzinsuffizienz, Lungenembolie, Schock etc.

 

Blut-Liquor-Schranke

 

Sie ist die Barriere zwischen Blut und Liquor cerebrospinalis und mitbestimmend für die Zusammensetzung des Liquors. Substanzen aus der Blutbahn zeigen sich nur zum Teil im Liquor und dann meist auch in anderer Konzentration.

 

Durch entzündliche Erkrankungen, Tumore oder Hirninfarkte kann sich die Durchlässigkeit der Blut-Liquor-Schranke verändern.

 

Liquor-Hirn-Schranke

 

Die Liquor-Hirn-Schranke ist die Grenze zwischen Hirnventrikel und Hirngewebe bzw. zwischen Subarachnoidalraum und Hirnoberfläche. Sie besteht aus Ependym.

 

Ependym

 

Ependym ist die Zellauskleidung der Hirnventrikel und des Zentralkanals des Rückenmarks; es ist die Grenze zwischen Hirnventrikel und Hirngewebe bzw. zwischen Subarachnoidalraum und Hirnoberfläche:

 

- Auf der Seite der Hirnventrikel mit Zotten und Zilien.

- An der Basis mit einem längeren Zellfortsatz, der ...

 

„ ... bei Tanyzyten im 3. Ventrikel bis an die piale Oberfläche reicht. ... Die Tanyzyten haben Zonulae occludentes, hier ist der Liquorraum abgedichtet.“ [Pschyrembel]

 

* Tanyzyten sind Gliazellen, die die zirkumventrikulären Organe umgeben.

 

-> Siehe auch: de.wikipedia.org/wiki/Blut-Hirn-Schranke

 

 

Cisternae subarachnoideae

 

Die Cisternae sind Erweiterungen des Subarachnoidalraums. Sie enthalten den Liquor cerebrospinalis.

Wichtige Cisternae sind:

  • Cisterna cerebellomedullaris posterior (Cisterna magna) zwischen Kleinhirn und Medulla oblongata
  • Cisterna fossae lateralis cerebri in der Tiefe des Sulcus lateralis cerebri (= Sylvius-Furche zwischen Schläfen-, Stirn- und Scheitellappen) und Cisterna interpeduncularis zwischen den Hirnschenkeln* (Crura cerebri)
  • Cisterna chiasmatica am Chiasma opticum (= Sehnervenkreuzung)
  • Cisterna ambiens am Mittelhirn
  • Cisterna pontocerebellaris im Kleinhirnbrückenwinkel*

 

Zur Erinnerung ...

 

Tractus corticohypothalamicus

= Fasern vom 'Riechhirn' und FRONTALLAPPEN zum HYPOTHALAMUS (im Zwischenhirn).

 

Der FRONTALLAPPEN (Stirnlappen) enthält:

- Assoziationsareale

- Broca-Sprachzentrum (motorisch)

 

Der PARIETALLAPPEN (Scheitellappen) enthält:

- Lesezentrum (im hinteren Scheitellappen)

Und ist wichtig für:

- Wahrnehmung von Tast-, Druck-, Schmerz- und Temperaturreizen

 

Der TEMPORALLAPPEN (Schläfenlappen) enthält:

- Hörzentrum

- Wernicke-Zentrum für die Spracherkennung

 

* Die Hirnschenkel enthalten:

- Tractus pyramidalis (Pyramidenbahn)

- Tractus corticopontinus (Großhirnbrücken-Kleinhirnbahn)

- Fibrae corticoreticulares (Fasern bilden Synapsen mit Neuronen der Formatio reticularis; diese verläuft von der Medulla oblongata bis ins Zwischenhirn)

 

* Am Kleinhirnbrückenwinkel, einer Vertiefung am hinteren Rand der Hirnbasis, stoßen Kleinhirn, Brücke und Medulla oblongata zusammen.

 

-> Siehe auch: Essen & Co. – Liquor; Wunderwerk Gehirn; Leitungsbahnen – Tractus etc.

 

 

AV3V-Region

 

Diese Region reguliert:

 

- Wasser- und Elektrolythaushalt

- Blutvolumen

 

Die Steuerung erfolgt v. a. über das Durstgefühl und über das ‚Antidiuretische Hormon’ (ADH).

 

Durst

 

Über das Durstgefühl reguliert unser Körper die Wasseraufnahme. Durst wird erzeugt durch:

 

- Reizung von Osmosensoren im Hypothalamus

- Volumensensoren in herznahen Gefäßen, den Vorhöfen und den Nieren

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Osmosensoren im:

Hypothalamus

Erzeugen Durst, wenn die Salzkonzentration im Blutplasma zunimmt.

 

Volumensensoren in:

- Herznahen Gefäßen

- Vorhöfen des Herzens

- Nieren

 

Erzeugen Durst, wenn das Blutvolumen abnimmt.

 

 

Bei einer Schädigung des Hypothalamus kann das Durstgefühl jedoch vermindert oder sogar ganz aufgehoben sein.

 

 

ADH = Antidiuretisches Hormon

(syn. Adiuretin, Argininvasopressin, Vasopressin)

 

ADH hält Wasser zurück und wirkt damit auch ‚harnkonzentrierend’.

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ADH wird gebildet:

ADH wird gespeichert:

 

ADH wird reguliert durch:

Im Hypothalamus in den Nuclei:

 

- Nucleus supraopticus

- Nucleus paraventricularis

Im Hypophysenhinterlappen

(HHL).

 

Transportprotein:

Neurophysin II (Abk. NP II)

 

  • Osmotischen Druck
  • Flüssigkeitsvolumen außerhalb der Zelle (‚extrazellulär’)
  • Durst
  • Medikamente (z. B. Barbiturate)
  • Alkohol
  • Emotionale Einflüsse

[Eine Erhöhung des osmotischen Drucks, Verminderung des Flüssigkeitsvolumens, Durst und bestimmte Medikamente fördern die ADH-Ausschüttung.

 

Ein niedriger osmotischer Druck, erhöhtes extrazelluläres Flüssigkeitsvolumen und Alkohol verringern die Ausschüttung.]

 

 

 

 

 

-> Siehe auch: Essen & Co. - Ergänzungen (Osmosensoren etc.)

 

 

Oxytocin und die AV3V-Region

 

Oxytocin, das - wie ADH - im Hypophysenhinterlappen (HHL) gespeichert wird, hat nach neuesten Vermutungen offensichtlich nicht nur Einfluss auf Entbindung und Milchfluss, sondern auch auf die Wasser- und Natriumregulation.

 

Man hat festgestellt:

 

Bei einer elektrischen Stimulation der AV3V-Region ‚feuern’ die Oxytocin-Nervenzellen im Nucleus supraopticus vemehrt, und auch Oxytocin wird vermehrt freigesetzt.

 

Bei einer Verletzung dieses Bereichs ‚verstummen’ die Nervenzellen:

- Sie sind nicht mehr ansprechbar auf eine hyperosmolare* Stimulation.

- Oxytocin wird nicht mehr freigesetzt.

 

Durch (lokales) GLUTAMAT werden die supraoptischen Nervenzellen re-aktiviert, und auch ihre ‚osmolare Ansprechbarkeit’ wird zu 50 % wiederhergestellt.

 

Supraoptische Nervenzellen sind also ‚direkt osmosensitiv’.

 

Eine Verletzung der AV3V-Region wirkt sich nicht aus auf die Aktivierung von Oxytocin-Nervenzellen während der Entbindung oder während der Stillphase.

 

* Bei ‚Wassermangel’ entsteht ein Durstgefühl, und bei Durst wird ADH (s. o.) ausgeschüttet als Signal für den Körper, Flüssigkeit aufzunehmen und weniger Urin auszuscheiden.

Bei Wassermangel wird auch Noradrenalin freigesetzt.

 

HYPEROSMOLARITÄT bedeutet: Flüssigkeitsverlust und erhöhte Blutzuckerkonzentration (Dehydratation und Hyperglykämie); dieser Begriff wird normalerweise verwendet im Zusammenhang mit einer Form eines diabetischen Komas, das sich v. a. beim Diabetes mellitus Typ 2 entwickeln kann.

 

WICHTIG: Der Flüssigkeitsmangel (Dehydratation; sog. ‚Austrocknung’) betrifft nicht nur das Blut, sondern auch den Liquor, da die Gehirnzellen versuchen, ein ‚Gleichgewicht’ aufrechtzuerhalten: Sie geben Flüssigkeit in den Liquor ab und mit dieser Flüssigkeit auch Natrium - im Tausch gegen Kalium. Unter diesem ‚Tausch’ leidet das Gehirn allerdings sehr, und es entwickelt sich eine Bewusstseinstrübung und evtl. ein Koma. Oft treten auch Krämpfe auf.

 

-> Siehe auch: Hypothalamus – Area preoptica; Essen & Co. – Liquor etc.; Mineralstoffe

 

[Quelle: The role of the AV3V region in the control of magnocellular oxytocin neurons

www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/3044525]

 

 

Quelle und zum Weiterlesen:

Klinisches Wörterbuch ‘Pschyrembel’

 

Und siehe auch:

Glossar – GABA

Zum Nachdenken - Schockformen

 

 

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