Blogbuch-Gedanken …
CVI = Cortical/Cerebral visual impairment
Zerebrale Sehstörungen
Wie ich an anderer Stelle schon erwähnt habe, lassen sich meine Sehprobleme nicht besser erklären als hier in diesem Wikipedia-Artikel …
[-> Siehe dazu auch: Blogbuch-Interview vom 28.02.2019]
… und ich möchte deshalb hier kurz das Wichtigste zusammenfassen:
Die Ursache der Sehprobleme/-störungen liegt nicht im Auge, sondern im Gehirn, wobei manchmal aber auch beide Ursachen zusammen vorliegen können.
CVI wird manchmal auch als ‚kortikale Blindheit‘ bezeichnet, auch wenn meist keine totale Blindheit vorliegt. Die Bezeichnung ‚neurologische Sehstörung‘ (Neurological visual impairment = NVI) umfasst sowohl die CVI als auch die totale kortikale Blindheit.
Das Sehvermögen einer Person mit CVI kann sich verändern, aber nur selten wieder ganz normal werden.
CVI tritt oft zusammen auf mit weiteren neurologischen Problemen, meist mit Epilepsie.
Hauptursachen:
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- Asphyxia - Hypoxia - Ischemia
- developmental brain defects - head injury - hydrocephalus - stroke (involving the occipital lobe) - infections of the CNS (i.e. meningitis, encephalitis)
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- Atemstillstand (mit Herz-Kreislauf-Stillstand) - Sauerstoffmangel - Durchblutungsstörungen (-> evtl. auch während der Geburt auftretend)
- entwicklungsbedingte Gehirndefekte - Kopfverletzungen - Hydrozephalus (sog. ‚Wasserkopf‘) - Schlaganfälle (im Okzipitallappen) - Infektionen des Zentralen Nervensystems (z. B. Meningitis, Enzephalitis)
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Meine SYMPTOME (anhand der Auflistung im Wikipedia-Artikel):
- Mein Sehvermögen kann sich verändern von Tag zu Tag, auch von Minute zu Minute, speziell bei Müdigkeit, und – bei mir auch – speziell unter Stress/stressbedingten, auch angstbesetzten Situationen.
- Das Sehvermögen meines rechten Auges ist deutlich schlechter ausgeprägt, und auch meine Tiefenwahrnehmung ist beeinträchtigt.
- Bewegungssehen: Menschen nehme ich eher (oder vielleicht auch nur schneller?) wahr, wenn sie sich bewegen; Objekte kann ich besser wahrnehmen/‚abscannen‘, wenn ich meinen Kopf dabei bewege. Reflexionen empfinde ich – aufgrund meiner sehr ausgeprägten Lichtempfindlichkeit - als sehr schmerzhaft.
- Gewisse Schwierigkeiten, Gesichter zu erkennen und Gesichtsausdrücke zu deuten, habe ich auch.
- Farbe und Kontrast: Mein Farbensehen ist intakt, denke ich. Bei geringen Kontrastunterschieden habe ich allerdings Probleme, etwas zu erkennen.
- ‚Spaltenlesen‘ (also ‚schmal-gehaltenen‘ Text, wie z. B. in Zeitungen) finde ich sehr angenehm, da ich breit-gehaltene Texte nicht ‚auf einen Blick‘ wahrnehmen kann.
- Aufgereihte Dinge betrachte ich auch Stück für Stück (anstelle eines ‚Gesamtbildes‘), und bekannte Dinge sind einfacher wahrzunehmen als unbekannte.
- Um sehen/wahrnehmen zu können, muss ich mich sehr anstrengen – und es kostet mich sehr viel Kraft, was vermutlich Menschen, die dies nicht aus eigener Erfahrung kennen, nicht nachvollziehen können.
- Auch mit Blickkontakt habe ich Probleme: Oft muss ich wegschauen, um mich besser konzentrieren (oder auch nachdenken) zu können; manchmal starre ich aber auch zu sehr/zu lange.
- Schauen und Greifen: Manchmal greife ich daneben; das Anzünden einer Kerze z. B. ist sehr schwierig für mich, weil ich Probleme habe, den Docht zu ‚treffen‘.
- ‚Blindsicht/Blindflug‘: Erlebe ich auch in dem Sinne, dass ich zwar meine Umgebung dann nicht bewusst wahrnehme, aber dennoch einem Hindernis ausweichen kann – ist aber nicht immer so. Probleme mit der räumlichen Wahrnehmung führen oft zum Anstoßen an Gegenstände oder Menschen.
- Photophobie: Es dauert länger, bis sich meine Augen an unterschiedliche Lichtverhältnisse angepasst haben. Grelles Licht ist äußerst schmerzhaft.
- Die ‚richtige‘ Raumbeleuchtung ist für mein Wohlbefinden äußerst wichtig – es sollte nie zu hell/zu grell sein, vor allem abends nicht: das ist für mich dann nahezu „Folter“.
- Dinge etwas anders wahrnehmen, weil man oft erst einmal das sieht, was man erwartet zu sehen oder nur einen Teil sieht, der sich erst noch zu einem Ganzen fügen muss, kenne ich auch (soviel zum Thema: visuelle Halluzinationen).
Und, was mir in letzter Zeit immer öfter passiert – oder vielleicht auch nur eher bewusst wird:
- Wenn ich etwas suche, sehe ich genau das, wonach ich suche, nicht – auch dann nicht, wenn es genau (in der Mitte …) vor mir liegt; erst bei nochmaligem zwei- oder gar dreimaligem ‚Überfliegen‘ nehme ich es endlich wahr.
Ich selbst gelte – lt. Augenarzt - nicht als ‚sehbehindert‘. -
Was ich eigentlich bedaure, da es hilfreich wäre (und mich auch sehr ‚ent-stressen‘ würde), wenn ich durch einen entsprechenden Anstecker (o. Ä.) signalisieren könnte, dass ich Probleme mit dem Sehen habe. Und damit dann vielleicht auch erreichen könnte, dass ich nicht als ‚dumm‘ oder oberflächlich (o. ä.) angesehen werde.
Und vielleicht wäre es gut, auch andere mit einem ‚Schizophrenie-Etikett‘ versehene Patienten auf CVI hin zu untersuchen, weil …
- „Bei Schizophrenen ist die räumliche Wahrnehmung gestört, … Sie haben eine andere Wahrnehmungsarchitektur im Gehirn. Dadurch nehmen sie mehr Details wahr und sind im Alltag leicht überfordert, weil sie die Wirklichkeit nicht glätten können.“
Hinderk M. Emrich
[Quelle:
https://de.wikipedia.org/wiki/Hinderk_Meiners_Emrich
Literatur (Auswahl):
Nicola Zellmer: Hinderk M. Emrich / Der Menschen(er)forscher, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 9. Februar 2009 (aktualisiert am 12. Februar 2009)]
Siehe dazu auch:
Blogbuchgedanken – Schizophrenie
Diskussionsseite
Noch ein Nachtrag
Und:
Blogbuchgedanken – ‚Versuchskaninchen‘, ‚Spaltungsirresein‘
Dopamin & Co. – Ein Anfang, Die Stressreaktion
Sehen und Lernen
Wunderwerk Gehirn – Kommissurenbahnen
Glossar – Fossa cranii
Zum Nachdenken – Kontrastwahrnehmung, Projektionsbahnen, Rautengrube, Schockerlebnisse
Etc.
Und zum Weiterlesen …
[Danke - u. a. - @PaulWhiteleyPhD]
Ashleigh's vision problems were misdiagnosed as autism
- “Does our lack of understanding about vision mean that some children are being misdiagnosed with autism?”
- [Übersetzt in etwa: Hat unser fehlendes Wissen, was Sehen anbelangt, dazu geführt, dass einige Kinder mit Autismus fehldiagnostiziert wurden?]
- “Most people do not associate autism with visual problems. It’s not obvious how atypical vision might be related to core features of autism such as social and language difficulties and repetitive behaviors.”
- [Übersetzt in etwa: Kaum jemand denkt bei Autismus an Sehprobleme. Es ist nicht leicht ersichtlich, wie untypisches Sehen und Kernsymptome des Autismus - wie z. B. soziale und sprachliche Schwierigkeiten und repetitives Verhalten - zusammenhängen können.]
Weitere Links zu CVI …
Sehbehinderten- und Blinden-Zentrum Südbaden
Visuelle Wahrnehmung und visuelle Wahrnehmungsstörungen im Kindesalter
Neuropsychologische Beeinträchtigungen nach einem Schädelhirntrauma
U. a.: Zerebrale Sehstörungen
The CVI Society
Changing perceptions of vision
CVIs & Behaviours by Helen St Clair Tracy
https://cvisociety.org.uk/mem_portal.php?article=150
CVI Scotland
Step 1: Understand
What Cerebral Visual Impairment (CVI) is and how it affects someones vision.
Step 2: Assess
Check, observe and think about a person’s vision, ensuring everything shown or communicated is perceivable.
Step 3: Support
Ideas and strategies from parents, carers and those affected by CVI.
Und, der Vollständigkeit halber, da es nicht nur Seh-, sondern auch Hörstörungen gibt …
Hearing problems hint at potential for early autism screening
- “Many individuals with autism have hearing problems.”
- [Übersetzt in etwa: Viele Menschen mit Autismus haben Hörprobleme.]
♥
31.03.2019